Kann künstliche Intelligenz mit Tieren sprechen?

Roger Basler de Roca
4 min readFeb 4, 2024

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Photo by sarandy westfall on Unsplash

Mehr als 8 Millionen Arten teilen sich unseren Planeten. Wir verstehen nur die Sprache von einer — von uns. Also offiziell.

Es gibt viele Menschen die durch Erfahrung und Intuition Tiere “verstehen” können. Aber ist es nicht paradox, dass wir mit KI — eigentlich Large Language Models — nur unsere Sprachen und die von Computern (Programmiersprachen) verstehen und nutzen wollen?

Besonders spannend ist, dass wir mithilfe von KI beginnen, die Sprache und das Verhalten von Tieren besser zu verstehen. Diese Technologie ist wie ein fortschrittliches Werkzeug, das uns hilft, die Lücke in der Kommunikation zwischen uns Menschen und den Tieren zu überbrücken.

Wenn Tiere Laute von sich geben oder sich auf eine bestimmte Art und Weise bewegen, versuchen sie, uns etwas mitzuteilen.

Früher waren wir oft ratlos, was diese Signale bedeuten könnten, weil uns ein gemeinsames Verständnis fehlte. Doch dank der KI können wir jetzt tiefer in die Welt der Tiere eintauchen und beginnen, ihre “Sprache” zu entschlüsseln. KI kann eine riesige Menge an Daten analysieren, wie zum Beispiel die Geräusche, die Tiere machen, und uns dabei helfen, wiederkehrende Muster zu erkennen. Diese Muster geben uns Hinweise darauf, was die Tiere vielleicht fühlen oder denken.

Stellen wir uns vor, wir hätten Aufnahmen von den Lauten, die ein Vogel macht. Die KI kann diese Geräusche untersuchen und uns helfen zu verstehen, was der Vogel ausdrücken möchte.

Manchmal entdeckt die KI sogar Dinge, die uns Menschen entgehen könnten, da sie in der Lage ist, sehr viele Informationen gleichzeitig zu verarbeiten.

Ein besonders aufregender Aspekt dieser Technologie ist die Möglichkeit, dass wir in Zukunft vielleicht in Echtzeit mit Tieren “sprechen” können. Es gibt bereits Systeme, die die KI nutzt, um die Laute der Tiere fast sofort in Worte umzuwandeln, die wir verstehen, und umgekehrt. Dies könnte bedeuten, dass wir eines Tages wirklich mit Tieren kommunizieren könnten, ähnlich wie wir es mit anderen Menschen tun.

Diese Technologie hat das Potenzial, vielen Tieren zu helfen — von unseren Haustieren, die bei uns zu Hause leben, bis hin zu wilden Tieren in der Natur. Sie ermöglicht es uns, besser auf ihre Bedürfnisse einzugehen und sie effektiver zu schützen.

Es ist jedoch entscheidend, dass wir diese Technologie verantwortungsbewusst einsetzen und stets den Respekt vor den Tieren wahren. Wir müssen sicherstellen, dass wir die KI zum Wohl der Tiere nutzen und nicht nur, um unsere eigene Neugier zu stillen. Indem wir verantwortungsvoll mit dieser Technologie umgehen, können wir die Beziehung zwischen Menschen und Tieren stärken und für beide Seiten vorteilhafter gestalten.

Sprechen mit Pottwalen

Die Cetacean Translation Initiative (CETI) ist ein ambitioniertes Projekt, das darauf abzielt, die Klickkommunikation von Pottwalen zu entschlüsseln. Mehr als zwei Dutzend Fachleute aus renommierten Institutionen wie dem MIT, Deepmind, Microsoft und Google Research arbeiten zusammen, um Algorithmen, die ursprünglich für menschliche Sprachen entwickelt wurden, auf die rund vier Milliarden unterschiedlichen Klickgeräusche der Pottwalsprache anzuwenden[1]. Das Ziel ist es, die komplexe Kommunikation dieser Meeressäuger besser zu verstehen und möglicherweise sogar eine Form der Zweisprachigkeit zwischen Menschen und Walen zu erreichen.

Der Tanz der Bienen

Ein deutsches Forscherteam hat einen Roboter entwickelt, der den Schwänzeltanz der Bienen imitiert. Dieser Tanz ist ein Mittel, mit dem Bienen Informationen über die Lage von Futterquellen an ihre Artgenossen weitergeben. Durch die Imitation dieses Tanzes versuchen die Forscher, die Kommunikation mit den Bienen zu verstehen und zu beeinflussen. Es wird auch daran gearbeitet, Maschinen in Bienenstöcke einzupflanzen, um die Akzeptanz der Roboter durch die Bienenvölker zu erhöhen und so die Kommunikation weiter zu verbessern[1].

Elefanten die mit den Füssen hören

Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit der Infraschall Kommunikation von Elefanten. Neben lautem Röhren kommunizieren Elefanten auch mit tiefen Tönen, die für das menschliche Ohr nicht hörbar sind.

KI-Technologie wird hier eingesetzt, um diese Geräusche zu erfassen und zu analysieren. Das Verständnis dieser niederfrequenten Kommunikation könnte wichtige Einblicke in das Sozialverhalten von Elefanten geben und dazu beitragen, ihre Bedürfnisse besser zu verstehen und zu schützen.

Infraschall ist eine tiefe Tonfrequenz, die unterhalb des Bereichs liegt, den das menschliche Ohr hören kann. Elefanten nutzen diese tiefen Töne, um über weite Entfernungen miteinander zu kommunizieren, besonders auf dem Boden, wo sich Infraschall am besten ausbreitet.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Elefanten sich so über Distanzen von bis zu zehn Kilometern verständigen können, manche glauben sogar, dass diese Signale bis zu 50 Kilometer weit reichen können.

Zum Beispiel fand man heraus: Elefantenbullen senden tiefe Infraschallrufe aus, um eine Partnerin zu finden. Wenn eine Elefantenkuh interessiert ist, antwortet sie mit ihrem eigenen Infraschallsignal. Zudem benutzen schwangere Elefantenkühe Infraschall, um etwa zwölf Tage vor der Geburt ihres Nachwuchses ihre Herde zu informieren.

Mein Buchtipp: the Sound of Life

Und wenn Du mehr erfahren willst, dann kann ich Dir dieses Buch empfehlen von Karen Bakker. Die Klänge des Lebens: Wie uns die digitale Technologie die Welt der Tiere und Pflanzen näher bringt. Eine erstaunliche Reise in das verborgene Reich der Naturgeräusche

Technologie lenkt uns oft von der Natur ab, aber was wäre, wenn sie uns stattdessen wieder mit ihr verbinden könnte?

The Sounds of Life ist ein spannendes Buch und wissenschaftlich zugleich und erzählt faszinierende und überraschende Geschichten über nicht-menschliche Klänge, wobei Erkenntnisse aus technologischer Innovation und traditionellem Wissen miteinander verwoben werden.

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Roger Basler de Roca
Roger Basler de Roca

Written by Roger Basler de Roca

Over 25 years of experience in IT and AI, runs an AI consultancy, gives 100 talks/year, speaks 6 languages, currently doing a PhD.

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